Emma Schabert, geb. Mock – Passagier in der 1. Klasse

Emma Schabert wurde als Emma Mock am 23. Mai 1876 in New York City geboren. Ihre Eltern waren Richard und Emma Mock aus Deutschland. Am 16. Mai 1881 wurde Emmas jüngerer Bruder Philipp Edmund Mock geboren. Die Familie Mock reiste zwischen Europa und den USA, und die Kinder erhielten einen Teil ihrer Schulbildung in der alten Welt.
Während eines Aufenthalts in Europa traf Emma Mock in der Schule auf Paul Schabert, der laut Zeitungsberichten aus einer angesehenen Hamburger Familie stammte.

Einige Jahre nach ihrer Rückkehr in die USA heiratete Emma den Inhaber der Sterling Piano Company, Rufus Blake aus Derby und Niantic in Connecticut. Er war 44 Jahre älter als Emma. Die Ehe endete nach einigen Jahren auf tragische Art und Weise. Blake war durch eine Nierenerkrankung ans Haus gefesselt. Als er allein im Haus war, schoss er sich mit einer Waffe aus seiner Sammlung in den Kopf. Zehn Tage später erlag er seinen Verletzungen. Nach Presseberichten war es ein Unfall.
Kurz vor seinem Tod hatte Rufus Blake ein neues Testament aufgesetzt. Demnach hinterließ er seiner Frau $1.5000.000. Weitere $ 95.000 gingen an eine Schwester und Nichten von ihm. Seine vier Töchter erhielten nichts.

Nun war Emma eine reiche Witwe. Sie reiste nach Europa und traf erneut auf Paul Schabert, der mittlerweile im Range eines Hauptmanns (Captain) Instrukteur im Chinesisch-Japanischen-Krieg war. Die beiden verliebten sich ineinander, und er folgte ihr nach ihrer Rückkehr in die USA. Sie gaben ihre Verlobung und bald danach ihre Vermählung bekannt. Paul trat in die Dienste der Sterling Company, der Firma von Emmas verstorbenem ersten Ehemann, ein, wo er Finanzdirektor wurde. Sein Schwager Philipp Mock arbeitete in der gleichen Firma als Geschäftsführer.
Paul und Emma Schabert sowie ihr Bruder und dessen Frau reisten viel und benutzten dabei häufig Schiffe der deutschen Reedereien, z. B. die Kaiser Wilhelm II, Kronprinz Wilhelm, Amerika und Kaiserin Auguste Victoria. Die Schaberts hatten neben ihrer Adresse in den USA auch einen Wohnsitz in Hamburg.

Trotz zweier Kinder, Kyrill und Beatrice, lebten sich die Schaberts auseinander. Im Januar 1912 reiste Paul Schabert auf der George Washington von Hamburg in die USA und begann dort, die Scheidung vorzubereiten.Emma folgte ihrem Noch-Mann einige Monate später in die USA, um die Scheidung zu besprechen. Zusammen mit ihrem Bruder buchte sie die Überfahrt auf der Titanic, deren Jungfernfahrt es war. Ihr Ticket für zwei Kabinen in der 1. Klasse kostete £ 54 10s 0d. In Cherbourg gingen die beiden an Bord des Schiffes. Es hieß, dass Emma die Kabine C-28 bewohnte, also eine Kabine auf dem C-Deck. Allerdings gibt es Indizien dafür, dass ihre Kabine auf dem E-Deck war – so sagte z. B. Steward Alfred Theissinger, dass Emma Schabert eine „seiner“ Passagiere war, und nach Indizienlage ist es sehr wahrscheinlich, dass Alfred Theissinger einer der Kabinenstewards auf dem E-Deck war.

Wie ihr Bruder Philipp war Emma sehr beeindruckt von der Titanic. Sie schwärmte von dem wunderbaren Schiffen mit den wundervollen Restaurants, der Lounge und den Empfangsräumen sowie der geräumigen Kabine und den gut angezogenen Menschen, die sich nach dem Dinner in der Halle versammelten.

Am Sonntag, den 14. April 1912 bemerkten die Geschwister, dass es sehr kalt wurde – selbst im Schiff war es ungemütlich, und die Reisenden saßen in Mäntel und Pelzen gehüllt in den öffentlichen Räumen der Titanic. Generell wunderten sich die Passagiere darüber, dass das Schiff nicht besser geheizt wurde. In der Nähe von Emma und Philipp fragte eine Frau einen Steward, warum es so kalt auf der Titanic sei, und der Steward antwortete, dass das Schiff in Kürze komplett vom Eis umgeben sein würde.

Das Dinner am Sonntagabend wurde auch von Philipp und Emma als „besonders“ erinnert. Nach dem Abendessen hielten sich die Reisenden noch im Großen Salon auf, ehe sich die Menge zerstreute – entweder in die Kabinen oder in die kleineren Lounges, die auf dem Schiff verteilt waren.
Emma zog sich gegen 22 Uhr abends in ihre Kabine zurück. Sie schlief und wurde durch einen „mächtigen Aufprall“ geweckt. Von ihrem Bruder wurde sie informiert, dass die Titanic einen Eisberg gestreift hatte. Er schlug vor, dass sie sich etwas überzog und beide dann gemeinsam weitere Einzelheiten herausfinden sollten
An Deck entdeckten sie, dass überall Eis lag. In einer Gruppe mit anderen Passagieren wurde der Kollision selbst wenig Beachtung geschenkt – vielmehr fragte man sich, welche Strecke das Eis wohl zurückgelegt hatte, ehe es auf die Titanic getroffen war. Doch dann kam der Befehl, dass alle Passagiere sofort ihre Schwimmwesten anlegen sollten – das war gegen 0:05 Uhr, rund 20 Minuten nach der Kollision gemäß den Angaben von Philipp Mock.
Emma und ihr Bruder leisteten der Anweisung Folge, und ihnen fielen die blassen Gesichter der Stewards auf, die den Passagieren beim Anlegen der Rettungswesten behilflich waren. Einige Passagiere fanden Anblick von Menschen in Schwimmwesten amüsant. Außerdem hatten sich die Musiker zusammengefunden und spielten in dem Raum, den Emma als „Drawing Room“ bezeichnete. – Emma verweilte dort jedoch nicht, sondern ging in ihre Kabine, zog sich warm an und nahm auch fast ihren gesamten Schmuck mit.
Die Geschwister kehrten an Deck zurück, wo sich die Szenerie deutlich geändert hatte. Mit lautem Getöse wurde Dampf abgelassen, während die Rettungsboote klar zum Fieren gemacht wurden. Emma hatte sich entschieden, nur mit ihrem Bruder gemeinsam in ein Boot zu steigen. Anfangs waren sie offenbar noch unschlüssig – da wäre es einfach gewesen, zusammen in ein Boot zu kommen. Als klar wurde, dass die Lage ernst war, wurde es schwieriger, gemeinsam in ein Boot zu kommen – doch zumindest waren Emma und Philipp auf der Steuerbordseite, wo es für Männer generell einfacher war, in ein Boot zu kommen, da bei der Beladung nach dem Motto: „Frauen und Kinder zuerst, und wenn dann noch Platz ist, können Männer den auffüllen!“ vorgegangen wurde.
Im Schein der abgefeuerten Notraketen konnte Philipp sehen, wie die Rettungsboote auf der See sich von der Titanic entfernten. Anscheinend immer noch unschlüssig, was sie tun sollten, gingen die Geschwister das Bootsdeck in Richtung 1. Klasse Promenade entlang, als sie aufgefordert wurden, zum A-Deck zu gehen, wo Boote klar gemacht wurden. Emma und Philipp kamen so zu Boot 11. Philipp und ein Steward halfen den Menschen beim Einsteigen. Das Einsteigen in das Boot war schwierig: Die Passagiere mussten das Knie von Philipp als Treppenstufe benutzen, um auf die Reling zu steigen und von dort in das Boot.
Emma wartete beim Boot – und als nur noch eine weitere Frau auf den Einstieg wartete, riskierte sie es und stieg ein; ganz offensichtlich hoffte sie, dass ihr Bruder von der Regelung, dass Männer freien Platz auffüllen können, profitieren würde. Und diese Rechnung ging auf, denn am Ende durfte auch Philipp in das Boot steigen.
Emma berichtete, dass das Abfieren so ungleichmäßig verlief, dass sie alle Sorgen hatten, ins Wasser geworfen zu werden, doch sie kamen sicher auf der Wasseroberfläche an. Die See war ruhig. Boot 11 ruderte vom Schiff weg (Philipp war einer der Ruderer), und die Insassen konnten das hell erleuchtete, große Schiff sehen. Die Insassen von Boot 11 konnten auch sehen, wie der Bug der Titanic im Wasser verschwand. Kurz vor dem Untergang hörten sie etwas, was wie Kanonenschüsse in großer Entfernung klang – erst ein Schlag und dann noch drei weitere. Ein Dampfpilz stieg in den Himmel, und das Heck erhob sich höher und höher aus dem Wasser – und dann versank die Titanic im Ozean. Auf der Carpathia, dem Rettungsschiff, erfuhr Philipp, dass die Titanic in dem Moment, als er die Explosionen hörte, in zwei Teile zerbrochen war.

Emma erwähnte, dass die Insassen von Boot 11 die Umrisse großer Eisberge und gelegentlich die Lichter anderer Rettungsboote ausmachen konnten. Mit großer Erleichterung sahen sie auch die Lichter der Carpathia, die als erstes den Unglücksort erreichte.
An Bord der Carpathia beobachtete Philipp, wie die bereits an Bord genommenen Überlebenden an der Reling standen und angstvoll nach ihren noch vermissten Lieben Ausschau hielten – viele Frauen fielen dabei in Ohnmacht.
Nachdem alle Überlebenden geborgen worden waren, fuhr die Carpathia mit ihren Passagieren und Überlebenden nach New York. Emma bedauerte die Passagiere der Carpathia, die nach Italien wollten und nun auf einem völlig überfüllten Schiff nach New York zurückkehrten. Überlebende müssen im Rauchsalon oder der Bibliothek übernachten, obwohl die Passagiere der Carpathia ihre Kabinen an Überlebende abtreten. Emma war glücklich, als eine Passagierin sie auf einem Sofa schlafen ließ – aus ihrer Kleidung, die sie im Rettungsboot getragen hat, kam sie noch nicht heraus.

Am 18. April 1912 erreichte die Carpathia New York, und Emma Schabert wurde dort von ihrem Ehemann Paul erwartet. Später machte sie einen Verlust von Wertgegenständen in Höhe von $4.591 geltend. Aber durch das Unglück kamen sich die Schaberts wieder näher und ihre Scheidung wurde vorerst abgesagt. Doch letztendlich war das Trennende wohl doch stärker, denn die Scheidung wurde doch vollzogen – Emma erhielt das Sorgerecht für die Kinder. Allen Anzeichen nach war es eine Trennung in Freundschaft, denn Paul Schabert und Philipp Mock reisten gemeinsam auf der Imperator, als diese im Jahr 1913 auf Jungfernfahrt ging.

Emma Schabert heiratete noch ein weiteres Mal. Ihr dritter Ehemann war Baron Curt von Faber du Faur (geboren in Stuttgart), der 14 Jahre jünger war als sie.  Mit ihm lebte sie einige Jahre in Italien, ehe sie 1939 in die USA zurückkehrten. Emma nutzte weiterhin die besten Schiffe der jeweiligen Zeit für ihre Reisen zwischen Europa und die USA, so z. B. die Augustus, Rex, Columbus und Europa.

Emma von Faber du Faur, geschiedene Schabert, verwitwete Blake, geborene Mock, starb am 18. April 1961 in New Haven (USA).

Quellen:
(2013) Emma Schabert Encyclopedia Titanica (ref: #260, accessed 27th July 2013 04:05:45 AM)
URL : http://www.encyclopedia-titanica.org/titanic-survivor/emma-schabert.html
Poirier, Michael (Datum nicht ermittelbar), Voyage Ausgabe unbekannt, S. 74 ff, „Siblings‘ love survives fateful night“, gefunden im Internet unter URL http://titanicinternationalsocietyonline.files.wordpress.com/2009/09/mockvoyage.pdf (zuletzt besucht am 19.10.2013)
Söldner, Hermann
(2000), RMS Titanic. Passenger and Crew List (10 April 1912 – 15 April 1912), Rüti: ä wie Ärger Verlag