Das Crewbuch der Titanic. Die Entschlüsselung der Organisationsstruktur an Bord

Autor: Günter Bäbler
Umfang:
218 Seiten
durchgehend s/w-Abbildungen
ISBN:
9783952171530
Preis:
40,00 €

Günter Bäbler eröffnete mir in einer privaten Korrespondenz, dass er Bedenken bei diesem Buch hat. Das Buch sei so speziell befürchtete er, dass es selbst nur in „Titanicer“-Kreisen eine kleine Leserschaft interessieren würde. Dieses Buch steht abseits aller Titanic-Bücher, die sich mit der Untergangsnacht an sich, den Maschinen, den Kabinenausstattungen, den Speisefolgen oder den Schicksalen einzelner Personen befasst. Es ist ein Buch, das die Titanic viel genereller beschreibt. Unzählige Bücher haben sich mit den unterschiedlichsten Sinkszenarien befasst, mit den Uhrzeiten des Abfierens einzelner Boote oder dem sogenannten Geisterschiff. Aber kein Buch hat sich je mit der Organisation der Titanic befasst. 899 Mann Besatzungen waren damals auf der Titanic. Und diese 899 Männer und Frauen mussten organisiert werden. Und da hat man dann den Kern des Buches getroffen. Bäbler wagt sich als erster Titanic-Autor überhaupt an die Entschlüsselung der Organisation des Schiffsbetriebes der Titanic und schließt so eine wichtige Lücke in der Titanic-Literatur. Grob lässt sich die Besatzung der Titanic in drei große Bereiche aufteilen: die Decks-, Maschinen- und Passagierabteilung. Jede Abteilung hatte eine Vielzahl von Angehörigen, die entsprechende Stellungen in der Hierarchie des Schiffes hatten, entsprechenden Wachen zugeteilt waren und auch die entsprechende Bezahlung bekamen. Der Autor zeigt auf, dass der Lohn ein Schlüsselindikator für die Stellung im Schiffsbetrieb war. Doch die einzelnen Löhne in Erfahrung zu bringen bzw. bekannte Zahlen zu verifizieren ist da noch mal eine ganz andere Aufgabe, wie der Autor im Vorwort des Buches erläutert. Aus unterschiedlichen Quellen kann aber nachgewiesen werden, was die einzelnen Crewmitglieder verdient haben. Das Kapitän Smith am meisten verdient hat von der Crew scheint nicht zu überraschen. Das auf Platz zwei aber der Restaurantmanager Gatti zu finden ist, und nicht ein Ingenieur oder Küchenchef, verwundert da schon eher. Günter Bäbler schafft Ordnung, was sich hinter den Chef-, Speisesaal-, Kabinen- oder Spezialstewards verbirgt, wann welcher Ingenieur auf Wache ging, was genau ein „Dayhand“ zu tun hatte oder wie die Kesselräume organisiert waren bzw. welche Befugnisse genau die Schiffsärzte hatten. Viele dieser Bereiche sind bisher in anderen Publikationen nur rudimentär behandelt oder gänzlich außer Acht gelassen worden. Viele Organigramme visualisieren die vorgestellten Arbeitsbereiche bzw. Kommunikationswege und wenn vorhanden, werden auch s/w-Bilder abgedruckt. Durchgehend werden zu jedem Arbeitsbereich auch die Löhne genannt, die ein essenzieller Indikator für die Stellung im Schiffsbetrieb sind. Gegen Ende des Buches befinden sich diverse Statistiken und Zahlenkolonnen, wo der geneigte Leser die eine oder andere Informationen herausziehen kann. Auch erwähnenswert sind die Anhänge A und B: Aus Dienstvorschriften der White Star Line aus dem Jahre 1907 werden die Pflichten rund ums Ab- und Anlegen zitiert bzw. wie ein typischer Tagesablauf mit Uhrzeiten auf einem Dampfer dieser Reederei zu organisieren sei. Natürlich darf zum Schluss eine aktualisierte Crewliste der Titanic nicht fehlen.
Der zwischenzeitlich von dem einen oder anderen Titanic-Kenner hervorgebrachte Einwand, es gäbe nichts Neues zum Thema Titanic zu lernen, da bekannte Informationen nur noch mal neu in Büchern verpackt werden, kann mit diesem Buch glänzend widerlegt werden. Die Pionierarbeit Günter Bäblers gebührt entsprechend zur Kenntnis genommen und durch Übersetzungen auch anderen Leserschaften der Titanic-Szene zugänglich gemacht zu werden. Wer das Buch besitzt, wird es mehr als einmal nur zur Hand nehmen!
DK, Navigator Nr. 66