The Jews of the Titanic

A Reflection of the Jewish World on the Epic Disaster

Autor: Eli Moskowitz
Verlag:
Hybrid Global Publishing
Umfang:
260 Seiten
ISBN: 
978-1-938015-96-0
Preis:
ca. 18 €

Ein notwendiges Buch, das in der Nachfolge von den Werken über die Skandinavier oder Schweizer auf der Titanic steht! Etliche der Passagiere waren ja aus den ärmeren Schichten des damaligen Russischen Reiches mit der Hoffnung auf ein besseres Leben in Amerika ausgewandert.

Daneben waren dann noch die bekannten Namen aus reicheren westeuropäischen und amerikanischen Kreisen, wie die Frauenthals, Saalfeld, Guggenheim und das Ehepaar Straus, um nur einige zu nennen.

Der israelische und konservativ-gläubige Autor schildert das Verlangen von Menschen aus den osteuropäischen Schtetls (überwiegend von Juden bewohnter Ort), der Armut und der Unterdrückung zu entrinnen. Der Ausweg war Emigration. Doch es gab auch Warnungen von orthodoxen Rabbis vor der Flucht in das liberale Amerika. Doch diejenigen, die blieben, wurden Jahrzehnte später oft im Holocaust ermordet.

Manche Rabbiner sahen sogar im Bau der Titanic und dem damit verbundenen Mythos ein negatives Zeichen, obwohl der aus Deutschland stammende Gustav Wolff (Miteigentümer von Harland & Woff) selber Jude war.

Die Emigration – mit besonderem Augenmerk auf die jüdische – wird ausführlich geschildert, auch das Leben an Bord für die zumeist in der Dritten Klasse Untergebrachten. Es folgt ein Exkurs über das für gläubige Juden notwendige koschere Essen auf den damaligen Schiffen. Hervorgehoben werden dabei der jüdische Reeder Albert Ballin und die HAPAG.

Die Annehmlichkeiten, die jüdische Passagiere in der Ersten und Zweiten Klasse genießen konnten, werden geschildert – bis zum tragischen Ereignis der Kollision – und die diversen Stellungnahmen derselben oder von anderen, wenn sie Juden betrafen, nach der Rettung.

Der Amateur-Funker aus New York, der zuerst vom Unglück aus dem Äther erfuhr, war ebenfalls Jude.

In Halifax gibt es neben dem Fairview Friedhof noch einen kleineren katholischen und noch kleineren jüdischen. Der ortsansässsige Rabbiner Jacob Walter war sehr bemüht, jüdische Opfer, die mit der Mackay-Bennett geborgen wurden, zu identifizieren. Nach jüdischem Brauch musste eine Beerdigung vor Beginn des Sabbats erfolgen. Der Rabbiner glaubte 44 Opfer jüdischen Glaubens zu erkennen, doch die lokalen Autoritäten setzten seinem Eifer Grenzen, da nicht klar war, wie er sein Urteil begründete. Er erhielt zuletzt sogar Zutrittsverbot zu der provisorischen Leichenhalle. Im Endeffekt – und das war völlig neu für mich – wurden auf dem Baron De Hirsch Jewish Cemetery zehn Opfer beerdigt – keiner von ihnen war zweifelsfrei Jude!

Dabei gab es Dutzende von jüdischen Opfern. Einige der wohlhabenden Familien holten deren sterbliche Überreste und ließen sie in Amerika oder Europa beerdigen. Oder es wurden Denkmäler errichtet.

Eli Moskowitz gewährt dann Einblick in die komplizierten jüdisch-orthodoxen Regelungen, die die Witwen von Opfern betrafen, deren Körper nicht gefunden wurden. Denn sie konnten nicht erneut heiraten. Es gab viele religiöse Gutachten, die schließlich doch eine Ausnahme von den Gesetzen ermöglichten. Viele mehr säkulare Jüdinnen fühlten sich natürlich nicht an dieses Gesetz gebunden.

In New York nahmen sich Jüdische Hilfsorganisationen der überlebenden Juden an.

Es wird dann von den Untersuchungen über den Untergang in New York und London berichtet – wobei der Hauptaugenmerk auf den Aussagen der beiden jüdischen Überlebenden, die vernommen wurden, liegt.

Nachrufe aus der jüdischen Welt zum Untergang der Titanic und den jüdischen Opfern werden ausführlich behandelt und auch die Filme, die bald nach dem Untergang gedreht wurden (und die Mitwirkung von Juden). Was neu für mich war, dass Dorothy Gibson Propaganda für die Nazis gemacht haben soll.

Die unterschiedliche Behandlung des heldenhaften Umgangs mit dem nahen Tod durch das betagte Ehepaar Straus wird hervorgehoben. Im angelsächsischen Bereich waren sie einfach Helden, im nationalsozialistischen deutschen Film kamen sie einfach nicht vor. Die Dreharbeiten dieses deutschen Films werden relativ ausführlich behandelt, auch die Geschichte der Cap Arcona, auf der der Film ja gedreht wurde.

Gegen Ende des Buches wird dann die Lebensgeschichte einiger der jüdischen Passagiere geschildert – und das unglückliche Zusammentreffen der Titanic-Ausstellung in Tel Aviv mit dem Gaza-Krieg von 2014. Die Menschen hatten andere Sorgen – und der Besuch der Ausstellung war recht gering.

Der Autor suchte dann nach Menschen, deren Schicksal mit der Titanic zu tun hatte und als Jude hat er da ein besonderes Interesse an denen, die irgendwie mit dem Holocaust (als Täter oder Opfer) zu tun hatten. Er schildert ein paar Schicksale und auch Angehörige von Menschen, die auf der Titanic waren und Israel besuchten.

Am Ende des Buches listet er dann die jüdischen Passagiere auf, wobei der Name, das Geburtsjahr, Geschlecht und Nr. des Rettungsbootes (bei den Überlebenden) erwähnt werden.

Dann folgt eine Rubrik mit den Passagieren, wo er annahm, dass sie jüdische sein könnten. Leider ist – da spreche ich jetzt in eigener Sache – auch Antoinette Flegenheim(er) dabei. Deren erster Mann war deutscher Jude – sie war aber in Himmelpfort als Tochter eines preußisch-protestantischen Försters getauft worden. Ich habe Eli darauf hingewiesen, dass ich Kontakt mit einem Familienmitglied habe und er will den Irrtum in einer nächsten Ausgabe korrigieren.

Zuletzt werden dann die zweifelsfrei als jüdisch identifizierten Opfer und deren Begräbnisart erwähnt: Es sind lediglich neun!

GSG, Navigator Nr. 83