Bau der Titanic

 

In Stichworten:

Bestellt: 30. April 1907 bei Harland & Wolff, Belfast
Name bekannt gegeben: 22. April 1908
Pläne genehmigt: 29. Juli 1908
Bauvertrag unterzeichnet: 31. Juli 1908
Kiellegung: 22. März 1909
Stapellauf: 31. Mai 1911
Probefahrt: 2. April 1912
Übergabe: 2. April 1912

Der Bau der Titanic

Viele Jahrhunderte stellten Schiffe die einzige Verbindung zwischen den Kontinenten her. Dabei waren Passagiere eher selten – die Beförderung von Fracht stand im Vordergrund. Das änderte sich mit Beginn der Auswanderungswellen nach Übersee, als immer mehr Menschen eine Passage über den Ozean machen wollten, um in einem fernen Land ein neues Leben zu beginnen. Mit zunehmender internationaler Vernetzung der Wirtschaft nahmen auch Geschäftsreisen zu, wobei die Geschäftsreisenden komfortabler reisen wollten als die Auswanderer. Und mit wachsendem Wohlstand kamen dann auch Urlaubsreisen auf, bei denen – da es noch keine Flugzeuge gab – Schiffe für den Weg über das Meer genutzt wurden. Aber auch mit ihren Plänen gescheiterte Auswanderer zog es zurück in die alte Heimat, wo noch Angehörige zurückgeblieben waren. Anderer Auswanderer nutzten Gelegenheiten, ihre zurückgebliebenen Familien zu besuchen. All das führte zu einer Zunahme im Passagierverkehr und zur Herausbildung von echten Passagierschiffen, die durch den harten Konkurrenzkampf der Reedereien auch immer weiter entwickelt wurden und mit immer neuen Komfortmerkmalen um Passagiere buhlten.

Um 1900 gab es vier Reedereien, die sich den Kampf um die Vorherrschaft auf dem Nordatlantik lieferten. Das waren die HAPAG (auch Hamburg-Amerika-Linie oder HAL genannt) und der Norddeutsche Lloyd aus Deutschland und die Cunard Line sowie die White Star Line aus Großbritannien.
Zu der Zeit hatten die beiden deutschen Reedereien zum ersten Mal die Nase vorne, und die britischen Reedereien mussten reagieren, wenn sie nicht dauerhaft zurückfallen wollten. – Die White Star Line schloss sich einem amerikanischen Reedereientrust an, fuhr aber weiter unter britischer Flagge, und die Cunard Line erhielt Subventionen von der britischen Regierung. Mit diesem Regierungsgeld konnte die Cunard Line die Lusitania und Mauretania bauen, die 1907 dann die definitiven Schiffe auf dem Nordatlantik waren – niemand war schneller und größer als die beiden Schwestern!

Aber auch die White Star Line reagierte auf die Situation. Belegt ist, dass sie am 30. April 1907 bei der Werft Harland & Wolff in Belfast zwei Neubauten beauftragte. Doch es müssen schon Jahre vorher erste Überlegungen existiert haben, denn die Werft verfügte bereits seit 1904 über ein Trockendock, das deutlich mehr Raum anbot als die damals größten Schiffe benötigten.
Am 22. April 1908 wurden die Namen der beiden  Neubauten öffentlich: Olympic und Titanic. Und am 29. Juli 1908 genehmigte die White Star Line die von der Werft Harland & Wolff vorgelegten Pläne für die Olympic und die Titanic. Diese beiden Schiffen würden das Trockendock bei der Werft ausfüllen – dieses Trockendock war sogar das einzige Dock auf der Welt, das groß genug für diese Schiffe sein würde. Denn Olympic und Titanic würden bei ihrer Indienststellung die mit Abstand größten Schiffe der Welt sein – allerdings nicht die schnellsten, denn Geschwindigkeit war teuer für die Reedereien. Je schneller ein Schiff fuhr, umso mehr Treibstoff wurde verbraucht. Und dieser Treibstoff kostete nicht nur Geld, sondern er nahm Platz an Bord weg, der für eine kommerzielle Nutzung dann fehlte. Also setzte man bei der White Star Line auf mehr Komfort anstatt auf Geschwindigkeit. Die Philosophie war: Wenn die Passagiere sich auf dem Schiff wohl fühlen, dann nehmen sie auch eine etwas längere Passagedauer in Kauf.

Baubeginn der Titanic war am 22. März 1909. Auf der Helling nebenan war der Bau an ihrer älteren Schwester Olympic schon weiter fortgeschritten. Und immer sollte die Olympic in dieser Zeit der Titanic ein Stück voraus sein. Der Bau der Olympic wurde ausführlich von Fotografen dokumentiert, denn bisher hatte noch niemand ein größeres Schiff gebaut. Die Titanic als zweites Schiff der Baureihe war weniger interessant.

Die Größe der Schiffe erforderte auch in den Häfen, zwischen denen die neue Schiffsklasse pendeln sollte, Baumaßnahmen, damit die Schiffe überhaupt anlegen konnten. Es waren eben die größten Schiffe, die bis dato jemals gebaut wurden! – Und das alles ohne Designprogramme auf Computern, sondern mit den damals verfügbaren Mitteln, zu denen Papier, Bleistift, Rechenschieber und Modellbau gehörten.

Am 31. Mai 1911 lief die Titanic in Belfast vom Stapel. Und am Nachmittag des gleichen Tages lief die Olympic aus Belfast aus – sie war fertiggestellt und konnte den Liniendienst aufnehmen. Denn Olympic und Titanic waren als Linienschiffe (= Liner) gebaut worden, die nach Fahrplan zwischen bestimmten Häfen verkehrten.

Zu der Zeit wurde davon ausgegangen, dass die Titanic Ende 1911 in Dienst gestellt werden würde. Doch nach der Indienststellung der Olympic und ersten Praxiserfahrungen wurden auf der Titanic noch einige Änderungen vorgenommen – so wurde z. B. die Promenade auf dem A-Deck im vorderen Bereich verglast, damit in schwerer See kein Spritzwasser auf das Deck gelangen und die dort promenierenden Passagiere nass machen konnte. Und im Inneren wurden einige Räume neu geschnitten – je nach Beliebtheit erweitert oder verkleinert. So gewann man auch Platz für ein paar Passagierkabinen mehr. Durch diese Änderungen war die Titanic vom Rauminhalt dann etwas größer als die Olympic und damit das größte Schiff der Welt. Allerdings verzögerte das die Fertigstellung – zuerst wurde auf Anfang 1912 als Indienststellungstermin für die Titanic spekuliert, doch am 2. August 1911 wurde im Fahrplan für 1912 der 20. März 1912 als Termin der ersten Abfahrt der Titanic genannt.

Eine weitere Verzögerung in der Fertigstellung der Titanic trat ein, als die Olympic im September 1911 mit einem Kreuzer kollidierte und für die Reparaturen ins Trockendock musste – das einzige Trockendock, das die Olympic aufnehmen konnte, war in Belfast!
Der Termin für die Jungfernfahrt der Titanic wurde auf den 10. April 1912 verschoben, also drei Wochen nach dem zuerst im Fahrplan genannten Termin. Diese Änderung wurde bereits am 11. Oktober 1911 kommuniziert, offensichtlich nachdem die Werft die Schäden an der Olympic bewertet und den Reparaturaufwand abschätzen konnte.

Die Olympic kam Anfang März erneut nach Belfast – sie hatte auf einer Ostpassage am 24. Februar ein Schraubenblatt verloren. Für die Reparatur musste sie wieder ins Trockendock, und noch immer war nur das Trockendock in Belfast das einzige Trockendock der Welt, das Schiffe dieser Größe aufnehmen konnte. Aber der Termin der Jungfernfahrt der Titanic blieb nun unverändert beim 10. April 1912.

Die Titanic absoliverte ihre Probefahrt am 2. April 1912 und wurde am Abend an die Reederei übergeben. Direkt danach dampfte sie ohne Zwischenstopp von Belfast nach Southampton.

© 2013, Deutscher Titanic-Verein von 1997 e. V.