Not My Time to Die
Titanic and the Swedes on board
Autorin: Lilly Setterdahl
Verlag: Nordstjernan Förlag New York (2012)
Umfang: 298 Seiten
ISBN: 978-0967217680
Preis: 18,49 €
Das Buch befasst sich – wie der Titel schon sagt – mit den Schweden auf der Titanic. Dabei ist die Situation in Schweden 1912 genauso ein Thema des Buches wie die Anreise von Schweden oder auch Dänemark nach Southampton zur Titanic. Denn manche junge Schweden verließen ihre Heimat, um dem Militärdienst zu entgehen. Und dieser Weg führte über Dänemark, wo man in Kopenhagen die entsprechenden Papiere erwerben konnte. Die Schweden, die dem Militärdienst entgehen wollten und in die USA auswanderten, mussten sich 1917 nach Kriegseintritt der USA in den 1. Weltkrieg in den USA für den Kriegsdienst registrieren lassen. So zogen dann auch einige schwedische Überlebende der Titanic für die USA in den Krieg, während ihr Heimatland neutral blieb.
Die Geschichte der Titanic wird ebenfalls kurz erzählt, und es werden Zeitungsberichte von 1912 zitiert: Aus der amerikanischen Presse, aus der schwedischen Presse und aus der schwedisch-amerikanischen Presse. Und leider ist nicht jede Diskrepanz so offensichtlich wie die zur Abstammung von Kapitän Arthur Henry Rostron. Gemäß schwedisch-amerikanischen Zeitungen, die in dem Buch zitiert und sogar bestätigt werden, kamen Rostrons Eltern aus Schweden; Rostron wurde demnach in London geboren und ein älterer Bruder in Göteborg. – Das jedoch widerspricht den Angaben auf encyclopedia-titanica, das ebenfalls im Quellenverzeichnis aufgeführt wird, und den Angaben in Rostrons Biographie (Captain of the Carpathia von Eric L. Clements) – demnach wurde der Kapitän der Carpathia in Bolton (Lancashire) als zweites Kind und erster Sohn geboren, wo seine Familie schon länger ansässig war und seine Vorfahren in der Baumwollindustrie tätig gewesen waren.
Erwartungsgemäß viel Raum nehmen die Biographien der Schweden an Bord der Titanic ein. Die Lebensgeschichten sind untergliedert nach Überlebende und Opfer und enthalten die Basisfakten wie Vater, Mutter, Geschwister, Geburtsort, letzter Wohnort in Schweden, Beruf, Anreise zur Titanic und bei den Überlebenden den weiteren Lebensweg nach Ankunft in den USA. Die Erlebnisse auf der Titanic werden – sofern vorhanden und überliefert – ebenfalls dargelegt. Dabei wird sich auch auf Berichte gestützt, die in englischer Sprache 1912 veröffentlicht wurden, obwohl der Berichtende/die Berichtende nur schwedisch sprach. Es muss also einen Übersetzer gegeben haben, und welchen Einfluss diese Person auf den Bericht hatte, bleibt offen – genauso wie die Genauigkeit des Reporters bei der Wiedergabe. Wer mit der Titanic-Geschichte vertraut ist, wird auf jeden Fall einige Abweichungen entdecken, z. B. bezüglich des Kollisionszeitpunktes. Die Autorin, die 2007 und 2011 historische Romane über die Titanic veröffentlicht hat, erwähnt im Zusammenhang mit den Berichten der überlebenden Männer, dass diese unter einem enormen Druck standen, weil sie überlebt hatten, während Frauen und Kinder ihr Leben verloren hatten. Dieser Druck bestand anscheinend auch innerhalb der schwedischen Gemeinschaft daheim und in Übersee.
„Not my Time to die“ ist ausführlich mit Quellen unterlegt und ein gutes Basiswerk zu den Schweden an Bord der Titanic in einer weit verbreiteten Sprache. Stärke und Schwäche zugleich sind die Augenzeugenberichte und zeitgenössischen Zeitungsberichte aus zum Teil weniger bekannten Zeitungen. Es ist eine Aneinanderreihung von Berichten und biographischen Daten, die naturgemäß zu beständigen Wiederholungen, wenn auch mit individuellen Variationen der Hauptgeschichte, führen. Das macht das Lesen etwas anstrengender. Andererseits ist es dadurch eine Quellensammlung zur Titanic, die sich mit der Auswanderergruppe der Schweden befasst und deren biographische Daten sowie deren Erlebnisse in deren Worten wiedergibt. Dennoch zeigt das Beispiel zur Abstammung Rostrons, dass Skepsis bei der Lektüre angebracht ist. Leider lässt sich nicht alles durch andere, leicht zugängliche Quellen prüfen wie die Angaben zum Kapitän der Carpathia. Und so werden kritische Leserinnen und Leser vermutlich beständig die Frage im Hinterkopf haben, wie belastbar die Informationen in dem Buch wirklich sind. Das ist insofern schade, da in diesem Buch wie eingangs erwähnt Material zu den Schweden an Bord in einer weit verbreiteten Sprache zur Verfügung gestellt wird.
SSt, Navigator Nr. 84