Von acht bis acht. Zwölf Stunden im Leben von Titanic-Passagieren
Autorin: Susanne Störmer
Verlag: Books on Demand, Dezember 2019
Umfang: 184 Seiten
Paperback, diverse s/w-Bilder
ISBN: 978-3-7494-7789-0
Preis: 10,00 €
Längst ist die Autorin Susanne Störmer Titanic-Interessierten ein Begriff. In den vergangenen Jahrzehnten hat sie sich nicht nur als Biographin des Titanic-Offizier Murdoch, der offiziellen Angaben zufolge in der fatalen Nacht vom 14. auf den 15. April 1912 das Kommando hatte und somit das gescheiterte Ausweichmanöver zu verantworten hat, gemacht, sondern sich auch als Kennerin der Vorgänge auf der Brücke und den nautischen Rahmenbedingungen samt der Crew ausgewiesen. Bekannt ist Susanne Störmer auch für ihre Herangehensweise, Althergebrachtes in Frage zu stellen, ihre eigenen Rückschlüssen und Theorien darzulegen, mit der Offenlegung ihrer Quellen aber gleichzeitig immer dafür zu sorgen, dass sich der Leser stets selbst ein Bild machen kann, ohne eine Meinung vorgesetzt zu bekommen. So stellt sie bekanntlich in ihrem letzten Buch „Eisberg voraus“ in Frage, ob nicht doch Kapitän Smith in jener Nacht auf der Brücke war, weil sich die Titanic nach Störmers Lesart schon seit geraumer Zeit in einem Eisfeld befunden und schon zahlreiche Eisberge passiert hatte.
Mit großer Spannung war Susanne Störmers neues Buch zu erwarten, in dem sie den Leser abermals mit auf die Titanic „entführt“ – aber zum ersten Mal mit den Augen eines „unwissenden“ Passagiers. Dieser Perspektivwechsel ist ein spannendes Gedankenexperiment, denn in fast allen anderen Büchern wird quasi vorausgesetzt, dass jeder weiß, wie die Geschichte ausgeht. Mithilfe unzähliger Aussagen von Passagieren aus den offiziellen Untersuchungsausschüssen, aber auch aus Zeitungsinterviews oder privaten Briefen, erfährt der Leser Schritt für Schritt, wie die Gäste an Bord der Titanic die Nacht vom 14. auf den 15. April erleben und wie erst Stück für Stück die Informationen kursieren, die erst am Ende zur fatalen Gewissheit führen. Dabei springt die Autorin durch die drei Klassen und verdeutlicht dabei auch, die unterschiedliche Art und Weise des Informationsflusses und der Evakuierung.
In fünf Anhängen ergänzt Susanne Störmer ihr neuestes Werk, das in Teilen den Mitgliedern des Deutschen Titanic-Vereins aus der Mitgliederzeitschrift „Der Navigator“ bekannt ist. So beschreibt sie den letzten Tag an Bord der Titanic aus Passagiersicht und gibt spannende Einblicke in die Vorgänge an Bord des Rettungsschiffes Carpathia und der Mammutaufgabe, auf diesem ziemlich kleinen Schiff aus dem Stand 712 traumatisierte Überlebende der Titanic zu versorgen. Diesen Kapiteln folgen Übersichten über die Rettungsboote und ihre Insassen und Zahlen, Daten und Fakten zur Titanic.
„Typisch Störmer“ ist das Buch mit zahlreichen Tabellen gespickt, die auf den ersten Blick zeitliche Abläufe, Statistiken etc. erlauben. Mit Fotos und Zeichnungen aus dem Archiv des Deutschen Titanic-Vereins ist das Buch anschaulich bebildert.
Ein solches Titanic-Buch hätte man von Susanne Störmer nicht unbedingt erwartet. Ein spannendes Werk, das eine weitere Lücke in der Titanic-Literatur schließt.
MFP