Die Titanic und die Deutschen. Mediale Repräsentation und gesellschaftliche Wirkung eines Mythos
Autor: Ute Rösler
Umfang: 326 Seiten
ISBN: 9783837623246
Preis: 32,99 €
Der Titel dieses Buches ist auf den ersten Blick etwas irreführend. Vermutet man doch, dass in diesem Buch die deutsche Seite bei der Geschichte der Titanic beleuchtet wird, wie die deutschstämmigen Passagiere, deutsche Zulieferer oder deutsche Besatzungsmitglieder. Beim Blick ins Inhaltsverzeichnis erkennt man, dass dieses Buch einen anderen Anspruch verfolgt und kein klassisches Titanic-Buch ist.
Bei dem vorliegendem Buch handelt es sich um die Dissertation der Autorin und somit lässt sich der literarische Anspruch des Buches auch erahnen. Ute Rösler untersucht in ihrem Buch, wie in Deutschland von literarischer Seite mit dem Mythos Titanic umgegangen wurde. Wie zu Beginn einer jeden wissenschaftlichen Arbeit stehen grundsätzliche Begriffsklärungen wie die Deutung von Katastrophen auf kultureller Ebene, was sind Katastrophenmythen bzw. Katastrophenerzählungen. Die Quellen, die die Autorin untersucht, sind einmal Pressestimmen sowie Bücher und Filme, die ihren Ursprung in Deutschland haben. Die Entstehung des Mythos von der Titanic wird anhand des damaligen Presseechos in der deutschen Presselandschaft aufgezeigt. Circa vier Wochen dauerte in der deutschen Presse die intensive Auseinandersetzung mit dem Untergang auf den Titelblättern. Danach setze verstärkt in den Genres der Lyrik, Literatur und bildenden Kunst die Beschäftigung mit dem Untergang ein. In den Jahren 1937 bis 1943 erschienen zu Zeiten des Nationalsozialismus drei Romane im Deutschen Reich sowie 1943 der bekannte Propagandafilm mit dem schlichten Titel „Titanic“. Die Autorin beleuchtet hier die Bücher „Titanensturz“ von Robert Prechtl, „Das Blaue Band“ von Bernhard Kellermann sowie „Titanic – Tragödie eines Ozeanriesen“ von Josef Pelz von Felinau. Besonders in diesem Zusammenhang wird auch die politische Situation im Deutschen Reich beleuchtet und wie sich Strukturen des damaligen Staates auch in der Literatur wiederfinden. Denn mit den Aspekten Hochmut, gute und schlechte Technik oder dem Führerprinzip (gemeint sind hier die Ingenieure als gute Technikführer) lässt sich auch auf dem Gebiet des Unterganges der Titanic gut arbeiten, wie man nachweisen kann anhand der drei Romane. Auch der Propagandafilm von 1943 zeigt, dass man sich auch filmisch dem Untergang des Schiffes nähern wollte und für seine Zwecke zu instrumentalisieren versuchte. Auch die Geschichte dieses Filmes nach dem Krieg wird beleuchtet, da in Ost- bzw. Westdeutschland unterschiedlich mit dem Film verfahren wurde.
1978 wiederum erschien die wichtigste literarische Aufarbeitung des Unterganges der Titanic vor der Wende mit Hans Magnus Enzensbergers Versepos „Der Untergang der Titanic“. Gegen Ende des Buches widmet sich die Autorin dann nochmal mit James Camerons „Titanic“ zwar keinem explizit deutschen Titanic-Film aber dem wohl besten und technisch aufwändigstem Filmversuch über den Untergang. Dieses ist kein leicht zu lesendes Titanic-Buch, da es anspruchsvolle Inhalte zu vermitteln versucht. Gleichwohl hat die Autorin hier eine fundierte Arbeit über die deutsche Aufarbeitung des Unterganges der Titanic in der damaligen deutschen Presse und Literatur abgeliefert und somit eine Lücke in der deutschen Titanic-Literatur geschlossen.
Navigator Nr. 65