Das Titanic Attentat

Die wahren Hintergründe der Schiffskatastrophe

Gerhard Wisnewski
Kopp Verlag, 2012/2023
Taschenbuch, 430 Seiten, wenige schwarz-weiß Illustrationen
ISBN: 978-3-86445-920-7
Preis: 14,99€

„Starker Tobak – und zwar ohne Filter“ – so wirbt der aktuelle Verlag für dieses Buch. Und damit ist eigentlich alles zu dem Werk gesagt. Mit ernst zunehmender Titanic-Literatur hat es nun wahrlich nichts zu tun. Aber es scheint leider in die Zeit zu passen, dass der Kopp Verlag, der sich selbst den Slogan gegeben hat, Bücher auf den Markt zu bringen, die „die Augen öffnen“, das „Titanic Attentat“ 2023 erneut herausbrachte. Denn der Kopp Verlag vertreibt eine Reihe esoterischer, pseudowissen-schaftlicher, verschwörungstheoretischer sowie rechtspopulistischer und rechtsextremer Werke. 2012 war das „Titanic Attentat“, damals noch im Knaur Verlag, quasi in der Flut der zahlreichen Publikationen anlässlich des 100. Jahrestags des Unglücks untergegangen – und dabei wäre es besser auch geblieben. Erschreckend sind die aktuellen Bewertungen des Buches auf Seiten wie amazon. Hier wird es nahezu ausschließlich gelobt und meist sehr gut bewertet.
Aus meiner Sicht handelt es sich aber eben nicht um „ein nervenzerfetzendes Sachbuch“ wie der Klap-pentext verspricht, sondern um ein nerviges Stück Papierverschwendung. Wer dachte, dass die „Titanic-Verschwörung“ des Autorenduos Gardiner/van der Vat 1996 schon hanebüchener Unsinn war, kennt Wisnewskis Buch noch nicht. Gerhard Wisnewski ist bekannt dafür, in seinen Publikationen Verschwörungstheorien zu verbreiten. Und so nahm er sich neben dem 11. September 2001 oder der ersten Mondlandung 1969 – beides laut seiner Darstellung Ergebnisse umfassender Verschwörungen von Regierungen, Geheimdiensten und Medien weltweit – eben auch die Titanic vor.
Wie so oft in Darstellungen von Verschwörungstheoretikern, finden sich auch im „Titanic Attentat“ tatsächlich bei vielen seiner Behauptungen im Ursprung wahre Ungereimtheiten oder lange behauptete Halbwahrheiten. Schnell verstrickt sich Wisnewski aber in abstrusen Begründungsketten, bei denen eigentlich nur noch Außerirdische oder Zeitreisende fehlen. Ein Beispiel: Mit Recht betrachtet der Autor die beiden nach dem Untergang veranstalteten Untersuchungsausschüsse kritisch. In seiner Darstellung wurden Beweismittel unterdrückt, Zeugen nicht gehört oder verschwanden. Die wichtigsten Befunde, so Wisnewski, wurden ignoriert, wegerklärt und totgeschwiegen. Unbestritten arbeiteten die beiden Ausschüsse tendenziös und hatten offensichtlich das Ziel, weder der Werft noch der Reederei die alleinige Schuld am Unglück zu geben, die weitreichende Verschwörung dahinter fehlt mir aber. Gern genommenes Stilmittel: Einfach etwas behaupten, dessen Gegenteil man nicht beweisen kann. Dass es auch keinerlei Beweise für die Behauptung selbst gibt, wird dann jedoch verschwiegen.
Und so verlieren auch andere Behauptungen, zum Beispiel, dass Kapitän Smith den Untergang überlebte, die Titanic vor dem Auslaufen zu einer tödlichen Falle für die reichen Passagiere umgebaut wurde, die White Star Line vor der Jungfernfahrt pleite war, das Schiff absichtlich und bewusst ins Eis gesteuert wurde oder Besatzung und Passagiere bei einem ausschweifenden Gelage betrunken gemacht wurden, schnell an Glaubwürdigkeit, weil schlichtweg die schlüssigen Argumente und Beweise fehlen. Der Autor geht hierbei interessanterweise genauso vor, wie er in seinen Verschwörungstheorien Regierungen, Geheimdiensten und Medien unterstellt: Er reißt Aussagen aus dem Zusammenhang, lässt Dinge, die nicht zu seiner Argumentation passen, bei Aussagen von Überlebenden weg oder interpretiert dermaßen viel in einzelne Worte, dass dem Leser schwindelig wird. All seine Manipulationen führen dann – natürlich – zu einem Ergebnis: Der Untergang der Titanic war kein Unglück, sondern ein Attentat.
Ich kann dieses Buch wirklich keinem empfehlen. Ich finde es skandalös, dass es zweifelhaften Verlagen wie dem Kopp Verlag möglich ist, mit dem Thema Titanic in solch einer Form Geld zu machen.

MFP, Der Navigator 105